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Bundesfinanzminister Schäuble besucht am Donnerstag Griechenland.
Manolis Glezos, ein führender Aktivist, fordert von ihm in einem offenen
Brief Reparationszahlungen. Gewerkschaften wollen streiken.
Mit einem Besuch in dem Land, in dem er als Verursacher
aller Qualen des Landes verteufelt wird, will Bundesfinanzminister Wolfgang
Schäuble am Donnerstag in Griechenland die Herzen der Menschen für Deutschland
und seine Sparpolitik gewinnen. Es lässt sich nicht gut an.
In einem offenen Brief an Schäuble, veröffentlicht in der
Zeitung "Real", schrieb Griechenlands Kriegsheld und Kämpfer wider die Junta
der griechischen Obristen, Manolis Glezos, Schäuble habe nicht das Recht, nach
Griechenland zu kommen.
"Herr Schäuble, wir würden Sie gerne in Griechenland
willkommen heißen, falls Sie als Gast kommen", schrieb er. "Aber Sie kommen als
Herrscher. Und Sie haben nicht das Recht dazu. (...) Im vergangenen April
zwangen Sie mich dazu, sie als 'unhistorisch' zu bezeichnen, da Sie unsere
Forderungen unberechtigt genannt hatten." Mit diesen Forderungen meinte Glezos
die Rückzahlung deutscher Kriegsschulden und Rückgabe geplünderter Kulturgüter.
"Wir werden weiter verlangen"
"Wiederholung ist die Mutter des Lernens", fuhr Glezos fort.
"Lassen Sie mich also wiederholen, dass wir berechtigt sind und weiter
verlangen werden: Die Rückzahlung des erzwungenen Kriegskredits,
Entschädigungen für zerstörte Infrastruktur, und die Rückgabe gestohlener
archäologischer Schätze."
"Ich werde die Summen nicht wiederholen, weil Sie sie sehr
genau kennen", heißt es in dem Brief weiter. Die Summen, die in Griechenland
genannt werden, variieren zwischen 54 und 162 Milliarden Euro – ohne die Zinsen
seit dem Zweiten Weltkrieg.
Zum Abschluss schreibt Glezos: "Und erneut möchte ich Ihnen
sagen: Wir betteln nicht. Wir verlangen. Wir suchen nicht Rache, sondern
Gerechtigkeit."
Glezos hatte vor einiger Zeit ausdrücklich an die Leser der
"Welt" einen Brief geschrieben, in dem er seine Ansichten zu deutschen
"Kriegsschuld" darlegte.
Gewerkschaften kündigen Streiks an
Das mediale Empfangskomitee, dass sich in Griechenland für
Schäuble formiert, klang am Sonntag alles in allem etwas weniger fordernd –
obwohl mehrere Gewerkschaften Streiks angekündigt haben, um dem Zuchtmeister
aus Deutschland zu zeigen, was man von seinen Forderungen hält, massenhaft
griechische Beamte zu entlassen.
Nur dann, so will es Berlin, fließen weitere Hilfsgelder. Am
Mittwoch will das Parlament über die Maßnahmen entscheiden: 12.500 Beamte
würden dann in eine "Transfergesellschaft" versetzt, wo sie nichts täten, aber
noch acht Monate lang Gehalt beziehen würden. Danach wären sie arbeitslos, wenn
sich für sie kein anderweitiger Job findet.
Das ist natürlich maximal unglückliches Timing für Schäubles
Besuch – am Tag nach der Abstimmung. Die kann sogar problematisch werden, denn
seit die kleine Linkspartei Dimar die Regierungskoalition verließ, verfügt
diese nur noch über drei Stimmen Mehrheit im Parlament. Schäubles Besuch war wohl
nicht absichtlich auf diesen kritischen Zeitpunkt gesetzt worden – aber die
Stimmung am Donnerstag könnte in Athen recht krisenhaft werden.
Griechenlands Ministerpräsident Antonis Samaras hat die
geplanten Einsparungen seiner Regierung im öffentlichen Dienst verteidigt. Die
Einschnitte seien notwendig, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen und
weitere Gelder von der Troika zu erhalten, sagt er der Zeitung "Proto Thema".
"Wer kommt, wer geht, das ist doch egal"
Was die angekündigten Massendemos betrifft, allzu phänomenal
dürften sie am Ende vielleicht doch nicht werden. Zwar sind laut Umfragen die
Hälfte der Griechen gegen die neuen Sparmaßnahmen. Aber es ist Sommer, viele
Athener sind im Urlaub, am Meer. Dort, etwa im Badeort Tolo, interessierte man
sich am Wochenende sehr wenig für den Besucher aus Deutschland.
"Wer kommt, wer geht, das ist mir so egal, solche
Nachrichten langweilen mich inzwischen", sagt Vagelis, ein 28-jähriger
Hochschulabsolvent, der in einer Fabrik arbeitet, weil er keine bessere Arbeit
finden kann. "Reden die nicht genug miteinander in ihren Euro-Arbeitsgruppen
und Troika-Delegationen?"
Und in Athen sagte Eleni, eine 35-jährige Angestellte: "Mir
sind diese Besuche, egal, mich kümmert nur, dass wir wieder Probleme haben
werden, zur Arbeit zu kommen, weil wieder alles streiken wird."
Apostolos, ein Rechtsanwalt, und Eva, eine Architektin waren
sich darin einig, dass es gut wäre, wenn Schäuble Reformen in Griechenland
durchsetzen könnte – dass das aber nicht möglich sei. "Steuereintreibung, die
unglaublich komplexen Gesetze, und der chaotische öffentliche Sektor können
nicht saniert werden, weil unsere Politiker es gar nicht wollen", sagte Eva.
14/7/13
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Zum selben Thema:
Schäuble zweifelt erstmals an Griechenland-Rettung. Es ist an der Zeit, die Deutschen langsam auf die bittere Wahrheit vorzubereiten.
Reparationszahlungen: Was Deutschland meinem Land heute noch schuldet (Brief an die "Welt" - von Manolis Glezos)
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ΓΕΡΜΑΝΙΚΕΣ ΑΠΟΖΗΜΙΩΣΕΙΣ - ΚΑΤΟΧΙΚΑ ΔΑΝΕΙΑ
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Schäubles Besuch in Athen.... Der Deutsche und die Griechen ...
ReplyDeleteAthen rüstet sich für den Besuch Wolfgang Schäubles – mit alten Forderungen nach Reparationen. Der Bundesfinanzminister verteidigt das Recht der Kreditgeber, sich um ihr Geld zu sorgen.
Von Michael Martens
Noch führt die Bundeskanzlerin, doch ihr Finanzminister holt auf. Als die seriöse Athener Tageszeitung „Kathimerini“ und der zum gleichen Haus gehörende Fernsehsender „Skai“ im April wieder einmal eine Umfrage zur Popularität griechischer und ausländischer Politiker erheben ließen, gaben 87 Prozent der Befragten an, eine negative Meinung von Angela Merkel zu haben. Auf Platz zwei folgte Wolfgang Schäuble, über den sich 82 Prozent ablehnend äußerten – ein neuer Rekordwert für ihn.
Entsprechend fielen einige Schlagzeilen aus, als im vergangenen Monat öffentlich bekannt wurde, dass nach Angela Merkel nun auch der zweitunbeliebteste nach 1889 geborene deutschsprachige Politiker in Athen erwartet werde. Die Kanzlerin hatte sich Anfang Oktober 2012 in die von mehreren Tausendschaften griechischer Polizei festungsartig gesicherte Hauptstadt der Staatsschuldenkrise begeben, ihr Finanzminister soll an diesem Donnerstag folgen.
„Der harte Mann von Berlin kommt nach Athen“, titelte das Blatt „Ta Nea“, dessen Redaktion sich besonders auf Schäuble eingeschossen hat. Laut „Ta Nea“ ist Schäuble ein Politiker, der „dem ganzen Planeten eine Lehre in korrekter Haushaltsführung“ erteilen wolle: „Wer aber ist Schäuble? Schäuble ist nicht einmal Wirtschaftswissenschaftler! Er ist einfach nur ein Deutscher, der zur Auffassung gelangte, der ,deutsche Weg‘ sei das Medikament für alle Probleme.“ Berlins Finanzminister, so urteilte das Blatt in der seit gut drei Jahren bis zum Überdruss gepflegten, einstweilen aber weiterhin nichtolympischen Disziplin des Deutschenprügelns, schade mit seiner Politik nicht nur Griechenland und Europa, sondern auch seinem eigenen Land, weil er es geschafft habe, „alle Alpträume zu wecken, die Generationen von Deutschen nach den zwei Weltkriegen geduldig zu verjagen versucht haben. Und deswegen kann es nur eine Lösung geben: Schäuble in die Schranken zu weisen!“
Athener wollen Schäuble in die Schranken weisen
Als Schrankenwärter möchte sich vor allem Emmanouil Glezos empfehlen. Der Alte mit den schlohweißen Haaren ist in Griechenland ungefähr so bekannt wie Thomas Gottschalk oder Helmut Schmidt in Deutschland – allerdings schon bedeutend länger als diese, denn das Ereignis, das Glezos in seiner Heimat berühmt machte, ereignete sich bereits in der Nacht vom 30. auf den 31. Mai 1941. Damals erklommen Glezos und sein Landsmann Apostolos Santas heimlich den Hügel der Akropolis zu Athen, um die über der Stadt wehende Hakenkreuzfahne einzuholen. In einigen Versionen der Geschichte hissten sie sogar die griechische Flagge, doch das ist eine Legende......http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europa/schaeubles-besuch-in-athen-der-deutsche-und-die-griechen-12283054.html
16/7/13